Die letzten
großen Bankiers
Von Achim Kurth |
Während man heute allgemein nur noch vom „Banker“ spricht und damit eher abwertend diesen englischen Begriff, für den an sich ehrenwerten Beruf des Bankkaufmannes verwendet, gab es noch bis in die 1990er Jahre hinein, die Bezeichnung „Bankier“.
Der „Banker“, ursprünglich im eher undurchsichtigen Geschäft des „Investmentbanking“ im angloamerikanischen Bereich tätig, ist erst seit den Skandalen um Banken der letzten Jahre allgemein für die gesamte Branche als Berufsbezeichnung in Gebrauch. Der Begriff des „Bankiers“ ist nahezu vollständig verdrängt worden. Dabei handelt es sich bei einem Bankier um den Inhaber eines Bankhauses als Privatbankier oder einen Geschäftsführer bzw. Vorstand einer Großbank, der stets im Interesse der Bankkunden handelt und die Mitarbeiter ebenfalls anständig führt. Eigenschaften die heutigen Bankchefs tatsächlich nahezu fehlen.
Ein Bankier zeichnet sich also durch ein eigentlich vernunftgegebenes Verhalten aus, ein Verhalten das man heute in der Branche nahezu vollständig vermisst und deshalb der Begriff des „Banker“ jetzt abwertend verwendet wird.
Wann und wo gab es denn noch herausragende Bankiers? Bis in die 1990er Jahre hinein gab es die eigentlich noch bei allen bekannten Banken. Schauen wir uns mal beispielsweise die Deutsche Bank AG an
Kürzlich las ich irgendwo, dass Hermann J. Abs als jüdischer Zionist ein Banker von Adenauer war und die Deutsche Bank eine Rothschild-Bank ist. - Völliger, haarsträubender Unsinn, den nur Dummköpfe verfasst haben können, die keine Kenntnis von historischen Zusammenhängen haben! (Mehr dazu findet der interessierte Leser am Ende dieser Netzseite.)
Hermann Josef Abs war mit Sicherheit nicht der Banker (den Begriff gab es damals schon mal noch gar nicht) von Adenauer und die Deutsche Bank war und ist alles andere als eine Rothschild Bank. Abs war vielmehr einer der letzten, großen Bankiers, der stets versuchte im Sinne Deutschlands zu handeln. Nicht ohne Grund war er schon Vorstand in der Zeit von 1938-1945. Sicherlich ja, er war es auch nach dem Krieg in der zerschlagenen Deutschen Bank-Teilbank, aber er war niemals ein Lakai der Hochfinanz und die Behauptung er sei „jüdischer Zionist“ gewesen entbehrt jeglicher Grundlage. Die Deutsche Bank versuchte schon immer einen eigenen Weg zu gehen, was ihr auch heute noch regelmäßig Kritik der Systemmedien einbringt.
Richtig ist vielmehr, dass Hermann Josef Abs, im Rahmen seiner Tätigkeit als einer der führenden Bankiers Deutschlands und Aufsichtsratsmitglied in über 40 Banken und Industriekonzernen im In- und Ausland, intensive Geschäftsbeziehungen zur Spitze des OKW-Amtes Ausland/Abwehr pflegte. Ein besonders enger Kontakt bestand zum Chef der Abteilung I (Geheimer Meldedienst zuständig für Auslandsspionage und Nachrichtenbeschaffung), Oberst Hans Piekenbrock. Dieser Kontakt gestaltete sich zum gegenseitigen Vorteil, denn Abs war sowohl als Agent der Abwehr als auch als deren Auftraggeber tätig. Nach dem Krieg wurde er 1955 zum Ritter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ernannt und von 1971 bis 1985 war er Statthalter der Deutschen Statthalterei des Ritterordens. 1993 gründete er zusammen mit Helmut Schmidt, Michael Otto und Gerd Bucerius die Deutsche Nationalstiftung. Die Stiftung will das Zusammenwachsen Deutschlands fördern. Sie will die nationale Identität der Deutschen bewusst machen und die Idee der deutschen Nation als Teil eines vereinten Europas stärken.
Hermann Josef Abs starb am 5. Februar 1994 im Alter von 92 Jahren.
Als Hermann Josef Abs dann 1967 in den Aufsichtsrat der Bank wechselte (dort blieb er bis zu seinem Tode 1994) waren zunächst Karl Klasen, Franz Heinrich Ulrich, Friedrich Wilhelm Christians und Wilfried Guth - jeder für sich eine herausragende Persönlichkeit, also auch Bankiers - jeweils für einige Jahre Vorstandsprecher der Deutschen Bank. Erst 1969 wurde Dr. Alfred Herrhausen von Friedrich Wilhelm Christians zur Deutschen Bank geholt. Dort berief man ihn, der schon vor seinem Eintritt in die Bank auch mit Abs bekannt war, 1970 zum stellvertretenden und 1971 zum ordentlichen Vorstandsmitglied. Im Mai 1985 wurde Alfred Herrhausen neben Christians einer von zwei Sprechern des Vorstands. Am 11. Mai 1988 rückte er zum alleinigen Vorstandssprecher / Vorstandsvorsitzenden auf. Herrhausen betrieb von da an den Umbau der Konzernstrukturen der Deutschen Bank mit Nachdruck und machte die Bank zum bis heute unumstrittenen „Branchenprimus“ in Deutschland. Schwerpunkte lagen auf einem konsequenten Allfinanzkonzept und der Internationalisierung des Konzerns. Hierzu gehörten die Gründung der Deutsche Bank Bauspar AG und der Deutsche Bank Lebensversicherungs AG sowie die Übernahme der britischen Investmentbank Morgan Grenfell. Dies auch um der Bank eine Größe zu verleihen, die eine feindliche Übernahme nahezu ausschließen sollte. Eine Politik, die von seinen Nachfolgern nur teilweise noch fortgeführt wurde. Die DB-Lebensversicherung wurde dann schon 1995 an die Deutsche Herold formell verkauft, gleichzeitig wurde die Deutsche Herold eine DB-Tochtergesellschaft. Während die DB-Bauspar AG noch bis 2019 fortgeführt wurde und erst dann mit dem BHW fusionierte.
Dr. Alfred Herrhausen, auch ein Bankier wie man sich ihn heute noch wünscht und leider nicht mehr findet, hat den Führungsstil von Abs und dessen Nachfolgern nahtlos übernommen und war bis zu seiner Ermordung 1989 stets beliebt. Als Vorstand bei den Mitarbeitern beliebt zu sein, hat nach ihm niemals jemand wieder erreicht.
Die an der Hochfinanz orientierte Finanzpolitik setzte in der Deutschen Bank erst Anfang der 1990er Jahre ein und gipfelte dann sicherlich darin, dass ein „Grünspan“ (oder heißt er Greenspan) plötzlich ein Büro in den Frankfurter Bank-Hochhaustürmen bekam, ohne jegliche offizielle Beziehung und ohne Angestelltenverhältnis. Der sollte von da an sicherlich den Vorstand „beeinflussen“. Aber mindestens bis 1990 hat die Deutsche Bank immer eine eigene Finanzpolitik entwickelt, die ja auch zur Ermordung von Alfred Herrhausen führte. Alfred Herrhausen wurde am 30.1.1930 in Essen geboren und war seinerzeit einer der letzten, die noch eine Nationalpolitische Lehranstalt (Napola) besuchen konnten. Er wurde nur 59 Jahre alt. Wäre er nicht ermordet worden, hätte er heute mit Sicherheit eine ähnliche Ehrenrolle wie sie Hermann Josef Abs innehatte und die Welt wäre mit noch größerer Sicherheit eine sehr viel bessere!
Ich hatte die Ehre die beiden Herren, Hermann Josef Abs und Alfred Herrhausen persönlich gekannt und – wenn auch nur kurz – mit ihnen gesprochen zu haben. Hochanständige Menschen mit hoher, positiver Ausstrahlung und Intelligenz, Menschen wie man sie heute nur noch sehr, sehr selten findet!
Eine der Ursachen für den Mord an Dr. Alfred Herrhausen ist sicherlich auch seine Ankündigung zum Schuldenerlass der Dritte Welt-Länder, aber der Hauptgrund war wohl seine geplante Rede, die er am 4. Dezember 1989 in New York vor dem „American Council on Germany" (ACG) vortragen wollte. Sie ist der Schlüssel zu seiner Ermordung, denn in diesem ungehaltenen Vortrag wollte Alfred Herrhausen seine weitreichenden Gedanken für eine grundsätzliche Neugestaltung des Ost-West-Verhältnisses darlegen, die den Lauf der Geschichte nach 1989 dramatisch aber positiv in eine andere Richtung gelenkt hätte. Blicken wir auf den Herbst 1989 zurück! Erinnern wir uns an den Mauerfall vom 9. November in Berlin. Dieses Ereignis traf die Kohlregierung relativ unvorbereitet. Die Ereignisse in der DDR traf sie wie der sprichwörtliche „Blitz aus heiterem Himmel"! Aber dennoch hat am 28. November 1989 Helmut Kohl sein 10-Punkte-Programm vorgelegt. Das sah die Bildung einer Konföderation der beiden deutschen Staaten vor. Souverän insofern, als er sein Programm ohne Unterrichtung der Alliierten und ohne Wissen der Koalitionspartei FDP ausgearbeitet und veröffentlicht hat. War der zwei Tage später, also am 30. November 1989 erfolgte Mordanschlag auf Alfred Herrhausen auch ein Warnzeichen für Helmut Kohl? Angeblich wurde der Mord von der sogenannten „Dritten Generation der RAF“ (Rote Armee Fraktion) durchgeführt. Diese RAF-Generation wurde in einer ARD-Sendung auch als „Phantom“ bezeichnet. Später trat dieses Phantom noch einmal in Erscheinung: bei der Ermordung Rohwedders. Dann verschwand es aus den schon damals in großen Teilen gleichgeschalteten Medien. Man hörte nichts mehr von der RAF. Angeblich hat sie sich mit einem Brief in der Öffentlichkeit verabschiedet.
Der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, wurde 59 Jahre
alt. Er ist am 30.11.1989 während der Fahrt zur Zentrale der Deutschen Bank in
Frankfurt am Main in seinem gepanzerten Auto in Bad Homburg bei einem
Sprengstoffanschlag ums Leben gekommen.
(Foto des zerstörten Mercedes kurze Zeit nach dem Anschlag)
Der Mord wurde kaltblütig geplant und vorbereitet. Eine damals hochmoderne Autobombe mit Lichtschranke kam zu Einsatz. Der Öffentlichkeit wurde zwar eine imaginäre dritte Generation der Roten Armee Fraktion als Täter präsentiert, aber es roch schon damals in selbst denkenden, aufgewachten Kreisen nach höchst anspruchsvoller Arbeit von Geheimdiensten, da andere seinerzeit nicht über diese technologischen Möglichkeiten verfügten. Jeder, der den offiziellen Erklärungen zur Ermordung folgt, möge sich die Frage stellen, warum eine linksextremistische „Rote Armee Fraktion“ gerade diesen Mann, der sich für Schuldenerlass der armen Länder einsetzte, umbringen sollte. Es ist absurd und widersinnig.
Alfred Herrhausen war bereits 1987 und damit zwei Jahre vor dem Fall der Mauer am 9. November 1989 von seinem Vorstandkollegen Friedrich Wilhelm Christians über ein Angebot der sowjetischen Generalsekretär Gorbatschow unterrichtet worden. Die Sowjets wollten die DDR aus dem Warschauer Pakt entlassen und Alfred Herrhausen wurde zum Überbringer dieser Botschaft an Bundeskanzler Kohl. Herrhausen entwickelte danach ein Konzept, das die Interessen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ausgehebelt hätte, die Welt somit um einiges verbessert hätte. Jeder weiß, dass IWF und Weltbank von den USA, bzw. der im Hintergrund agierenden kleinen, internationalen Clique mit Weltherrschaftsträumen dominiert werden. Herrhausens Konzept bedeutete einen Rückgriff auf das Modell des Marshall-Plans nach dem Zweiten Weltkrieg, was diese Hochfinanzclique nicht dulden wollte.
Schon im September 1989 hielt Alfred Herrhausen auf dem Jahrestreffen vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington eine Rede. Sein Thema war die Schuldenreduzierung und er verband dies zum ersten Mal mit der Notwendigkeit, auch die Schuldenlasten der osteuropäischen Reformländer, vor allem Polens, deutlich zu senken. Er forderte die westlichen Gläubiger, also die USA und andere westliche Staaten, auf, die Schulden beispielsweise Polens zu reduzieren. Aus internen Schilderungen ist bekannt, dass er nach seinem Vortrag eine dermaßen feindliche Stimmung seitens der Kongressteilnehmer spürte, dass er den anschließenden Empfang nicht besuchte und vorzeitig abreiste. Den vor dem Hotel wartenden Journalisten erklärte er, dass ihm die Luft hier „zu bleihaltig“ sei und er zurück nach Frankfurt fliegt
Für den 4. Dezember 1989 hatte Herrhausens in New York eine weitere, sehr wichtige Rede geplant, die all seine Ideen und Pläne zur Weltfinanzwirtschaft der Öffentlichkeit vorgestellt hätte.
https://www.nytimes.com/1990/01/07/business/business-forum-european-crossroads-toward-a-unified-germany.html (s. auch am Ende dieser Netzseite) Das war offenbar zu viel für die kleine Täterclique.
Die New York Times veröffentlichte dann am 7. Januar 1990 zwar einen Auszug aus dieser geplanten Rede Herrhausens, unterschlug aber auffällig jene elf Seiten, in denen er seine Strategie zur Finanzierung Osteuropas nach der Wende darlegte. Die New York Times verschwieg so Herrhausens Vorschläge für eine wirksame Streichung der Schulden ebenso wie seinen Plan der Errichtung einer Entwicklungsbank zur Finanzierung projektgebundener Investitionen in Osteuropa, für deren Zweck er auch Morgan Grenfell, eine britische Investmentbank, für die Deutsche Bank erworben hatte. Womit der verbleibende Vorstand später nichts anzufangen wusste oder wollte /durfte und somit die bekannten Fehler im Investmentbanking begangen wurden. Anfang der 1990er Jahre müssen sich die Aktienmehrheiten dann so verschoben haben, dass die kleine Clique einen „Grünspahn /Greenspan“ als „Aufseher“ ohne Funktion in der Bank in die Frankfurter Vorstandsetage setzte – wohl bis heute.
Der Mord an Alfred Herrhausen, der eine Vision für die besondere historische Situation zu äußern wagte, war in der Tat die Botschaft der Hochfinanz an Regierung, Wirtschaft und Industrie. Keiner wagte mehr den Kopf vorzustrecken. Nach den Mördern traten jetzt wieder die Wirtschaftsattentäter auf den Plan, die den wirtschaftlichen Kahlschlag des Ostens zugunsten der Spekulanten der Finanzoligarchie propagierten und das ganze Reform nannten. Noch im Dezember 1989 erlebte Helmut Kohl die schwärzesten Stunden seines Lebens beim EU-Gipfel in Straßburg, wo er meinte, sich dem Diktat der Finanzoligarchie in der Form der vorgezogenen europäischen Währungsunion unterwerfen zu müssen. Maastrichter Vertrag, Stabilitätspakt, EURO statt DM und wirtschaftlicher Kahlschlag für die neuen Bundesländer waren die Folge. Wie Detlef Rohwedder, erster Treuhand-Chef, wollte er die DDR nicht abwickeln wie es von ihm durch die Hochfinanz-Clique erwartet wurde.
Detlef Rohwedder war ein weiterer Mensch, der sich eigenverantwortliche Gedanken um die Zukunft unseres Landes machte. Deshalb auch seine Ermordung! Auch er hatte weitreichende Visionen im Interesse Deutschlands entwickelt. Als führender Industrievertreter und erster Chef der Treuhand war er damit betraut, die sogenannten Volkseigenen Betriebe der DDR in die deutsche Wirtschaft einzugliedern. Es dauerte eine Weile, aber 1990/91 kam er dahinter, dass selbst die durchaus noch nützlichen Industriebetriebe einfach platt gemacht werden sollten, um so den West-Konzernen Konkurrenz vom Halse zu schaffen. Er kam schließlich zu dem Schluss, dass die rücksichtslose Privatisierung einiger durchaus überlebensfähigen DDR-Industrien nicht akzeptable soziale Folgen hätte. Er erlaubte sich gegen den Strom zu schwimmen und wollte zu Beginn des Jahres 1991 das Treuhandkonzept „Erst Sanierung, dann Privatisierung“ ändern. Immer unter dem Aspekt der sozialen Folgen. Der Mann wagte doch tatsächlich die Interessen der Großfinanz zu unterlaufen. Das war der Zeitpunkt, wo sich das RAF-Phantom wieder zu Wort meldete. Detlef Rohwedder wurde mit einem Gewehr, von der Grundstückgrenze seines Hauses aus, durchs Fenster in seinem Arbeitszimmer am 1. April 1991 von einem Scharfschützen (hat die RAF je diese gehabt?) erschossen. Er hatte Korruption in großem Umfang innerhalb des ostdeutschen Apparats aufgedeckt.
Aufgeklärt wurden bis heute beide Morde, Herrhausens und Rohwedders, nicht. Analysten behaupten, dass die Morde von „tiefen Staatselementen" in der Bundesrepublik verübt wurden, die von korrupten Ost-West-Deals profitiert hatten. Mit anderen Worten war es abermals eine kleine, internationale Clique die damit versuchte ihre perfiden Pläne zu verwirklichen.
Rohwedders Nachfolgerin bei der Treuhand, Birgit Breuel, hatte keine solchen Skrupel wie er. Unter ihrer Leitung nahm dann die rigorose Privatisierung, der Ausverkauf der DDR, ihren freien Lauf.
Warum mussten diese beiden Männer sterben? Waren sie die Symbolfiguren der faschistischen Kapitalstruktur, von der die RAF in ihrem angeblichen Bekennerschreiben zur Herrhausen-Ermordung spricht? Im Gegenteil: Beide begingen gegenüber dem System der Finanzoligarchie die Todsünde, moralische Bedenken wegen der Folgen dieser Politik zu äußern.
So hatte Alfred Herrhausen bereits 1987 zum Ausdruck gebracht, die Schuldenkrise der Dritten Welt vertrage kein Schweigen mehr. Ein Gespräch mit Präsident Miguel de la Madrid in Mexiko über die Schuldenkrise der Entwicklungsländer hatte ihn zutiefst betroffen gemacht, und er begann über einen teilweisen Schuldenerlass nachzudenken. Auch auf den evangelischen Kirchentagen hatte man damals darüber diskutiert, warum die internationalen Banken bis 1987 den halb- oder unterentwickelten Staaten die gigantische Summe von 1,2 Billionen Dollar an Krediten zur Verfügung gestellt hatten, während sie sonst knallhart Kreditlinien sperrten und die Häuser kleiner Leute versteigern ließen. Die Pläne der Hochfinanz, hierbei gesteuert von Weltbank und IWF (Internationaler Währungsfond), hatten wie noch heute den Inhalt die Entwicklungsländer in die Schuldenfalle zu locken, um sie dann um so gnadenloser ausbeuten zu können.
Ein mit Herrhausen befreundeter katholischer Priester berichtete damals, dass der Bankier der Meinung war, dass ein System zu verurteilen ist, wenn es einigen wenigen gestatte sehr hohe Vermögen aus der Wirtschaft zu entnehmen, wobei gleichzeitig unzählige Menschen ins Elend absacken. Intensiv habe sich Herrhausen mit dem Gedanken auseinandergesetzt, dass er vielleicht mit seiner Bankiers-Arbeit etwas unterstütze, was er nicht befürworten kann und auch nicht unterstützen will und erst recht nicht darf. Dies kam so auch in einer Fernsehsendung kurz vor seiner Ermordung zur Sprache! Mit diesen Ansichten und Einstellungen leistetet sich der großartige Bankier gegenüber der Finanzoligarchie, dieser bekannten kleinen, internationalen Clique, eine Todsünde, die seine Mörder in Marsch setzte. Er hatte die große Idee, dass selbst die Wirtschaft und das Geldwesen in der Tat sogar etwas mit Moral und einem höheren Menschenbild zu tun haben könnte und müsste. So galt für ihn: Das Volk lebt nicht für die Wirtschaft und Wirtschaft existiert nicht für das Kapital, sondern das Kapital dient der Wirtschaft und die Wirtschaft dem Volk.
Als Herrhausen am 28. November 1989 dem Vorstand seiner Bank einen tiefgehenden Strukturwandel vorschlug, der seine Bedenken zur Schuldenkrise der Entwicklungsländer reflektierte, stieß er bei seinen Vorstandskollegen auf heftigen Widerstand. Frau Herrhausen erklärte dann später, ihr Mann ist damals arg niedergeschlagen aus der Vorstandssitzung, die sich dann als seine letzte erweisen sollte, zurückgekommen. Und am Morgen vor dem Attentat sagte Herrhausen zu seiner Frau: „Ich weiß nicht, ob ich das überlebe.“ Wobei er damit allerdings eher seine Position als Vorstand der Bank vor Augen hatte. Denn hätte man seine umfangreichen Pläne weiterhin vollständig abgelehnt, wäre er als Vorstand zurückgetreten.
Grundlegende Gedanken Alfred Herrhausens waren u. a.: „Die meiste Zeit geht dadurch verloren, dass man nicht zu Ende denkt.“ „Wir müssen das, was wir denken, auch sagen. Wir müssen das, wir sagen auch tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.“ In Bezug auf Entschuldung der Dritte-Welt-Länder und der Neugestaltung der Ost-/Westpolitik hatte Alfred Herrhausen bereits zu Ende gedacht und auch das was er dachte gesagt, nur den Beweis, dass er das, was er sagt auch tut und was er tut dann auch ist, durfte er diesbezüglich nicht mehr antreten.
Angesichts der hemmungslosen, alles menschliche niederwalzenden Globalisierung, bei der achtzig Prozent der Menschheit zu Konsum- und Arbeitsmaschinen zum alleinigen Wohle einer Minderheit aus selbst ernannten Möchtegerneliten degradiert werden, hätte nach obiger Darstellung ein Alfred Herrhausen sicher darauf gedrungen, dem Spuk endlich ein Ende zu setzen, um Schaden von den Völkern (die jetzt ihrer Vernichtung anheimgegeben sind) abzuwenden und um das Allgemeinwohl zu sichern. Leider gibt es seit dem Tod der beiden Herren Herrhausen und Rohwedder, keine Finanzmanager mehr, die noch den Mut haben und in die Fußstapfen der beiden treten wollen, um so oder wenigstens ähnlich zu handeln. Wer will sich schon einer heimtückischen Ermordung aussetzen. Haben die Auftraggeber der Herrhausen- und Rohwedder-Mörder tatsächlich ihr Ziel erreicht? - Der gewaltsame Tod der beiden war zumindest eine bis heute nachhaltige Warnung!
Alfred Herrhausen ist noch heute für viele ein Held und Vorbild und das nicht nur bei Deutsche Bank Mitarbeitern. An seine Größe reichte bisher keiner der ihm folgenden Bankvorstände heran!
Achim Kurth, im Dezember 2014 und September 2022
(Der Autor, hier unter dem Pseudonym Achim Kurth, ist Jahrgang 1956. Bis Feb.2010 war er fast 38 Jahre bei einer Bank, zuletzt in gehobener Position, tätig.
Am Brennpunkt der Wirtschaft hatte er Einblick in die Entscheidungen der weltweit tätigen Konzerne.
Dieser Aufsatz entstand durch Recherche im Bank-Archiven und in verschiedenen öffentlichen Medienquellen.)
Nachwirkungen und Betrachtungen nach über 30 Jahren:
Seit der ersten Version dieses Aufsatzes, der bereits im Dezember 2014 veröffentlicht und auch vorgetragen wurde, haben sich neue Erkenntnisse und Zusammenhänge ergeben, die jetzt hier ergänzt wurden.
Heute, im August 2022, fast 33 Jahre nach dem Mord an Alfred Herrhausen und dem Wissen, dass die sogenannte Deutsche Wiedervereinigung durch das Wirken einer weiteren, öffentlich fast unbekannten Großmacht herbeigeführt wurde, sage ich, dass auch Alfred Herrhausen mit Unterstützung und Begleitung dieser dritten Macht (3M8) gehandelt hat. Diese Dritte Macht hat sich aus der Absetzbewegung der 1940er Jahre entwickelt und sorgte während der heißen Phasen im Kalten Krieg immer wieder für Abkühlung. (Mehr dazu findet der interessierte Leser z.B. im Internetz oder auch hier: http://www.terraner.de/UfO/Flugscheibeninfo.htm und http://www.terraner.de/D-Gedanken/D-Gedanken.html) Und so hat das Wirken von Alfred Herrhausen bis in die heutige Zeit noch immer Nachwirkungen und seine Mörder haben ihr Ziel, die totale Weltherrschaft, nicht erreicht.
Leider rechnete vor 33 Jahren noch niemand damit, dass die kleine Weltherrschaftsträumer-Clique (in den USA nennt man sie heute „deep state“) auch vor Mord nicht zurückschreckt. Die 3M8, die ja die Wende, den Fall der Mauer, den Umbruch im Ostblock und den Verfall der UDSSR bewirkt hat, musste somit die Strategie ändern und agierte in der Folgezeit wesentlich vorsichtiger und misstrauischer. Diese Zeit der Zurückhaltung ist inzwischen beendet und wir erleben aktuell den Endkampf um Terra. Einen Kampf der vor 30 Jahren schon fast beendet war, der als Wirtschaftskampf begann und seit dieser Zeit auf unterschiedlichsten Ebenen und in diversen Bereichen fortgeführt wurde, aber stets den Gedanken einer besseren Welt zum Ziel hatte.
Da durch wirtschaftliche, finanzielle Kriegsführung allein kein nachhaltiger Sieg möglich war, ist man einen Weg gegangen, der die sogenannten Großmächte mit in den Kampf gegen die „deep state“-Clique schickt. In einer Allianz unter Führung der 3M8 haben die Staatsführer Trump, Putin und Xi-Jingpeng die kleine Clique in den letzten Jahren in die Ecke, ins Abseits ihrer zersetzenden Handlungsmöglichkeiten gedrängt. Trump agiert noch immer neben der „deep state“-Marionette Biden weiterhin in Staatsgeschäften (was auch die kürzlich durchgeführte Hausdurchsuchung bei ihm erklärt), Putin führt die Sonderoperation in der Ukraine durch, um auch die Geheimnisse und Verbrechen der Clique dort der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Aber auch Xi befindet sich bei näherer Betrachtung im Kampf gegen die Weltherrschaftsträumer. Die KPCh, die kommunistische Partei Chinas, scheint seit eh und je unter Kontrolle eben dieser Clique zu stehen. Xi hat sich entschlossen dagegen zu agieren. Immer mehr einflussreiche Chinesen sagen sich von der KPCh und den ihr angeschlossenen Organisationen los. So beispielsweise der chinesische Unternehmer Chen Quanhong, der seine Botschaft in Washington am 21.7.2022 öffentlich machte: „Tuidang,“ war auf einer gelb leuchtenden Flagge die er hochhielt zu lesen – was übersetzt etwa „verlasse die Partei“ bedeutet. Viele Regierungen erkennen inzwischen einen Unterschied zwischen der KPCh und dem agieren einzelner Chinesen, wie Xi-Jingpeng. Die Allianz unter Oberbefehl der 3M8 macht das ganz deutlich. Trump, Putin und Xi arbeiten zusammen, um die Welt vom Tiefen Staat, von der kleinen internationalen Clique zu befreien.
(Alle drei auch zunehmend in schwarz, weis, rot – ein Zeichen nach außen?!)
Einzelne Maßnahmen, die insbesondere auch China betreffen, sind für die nahe Zukunft geplant, werden aber noch nicht (auch hier nicht) veröffentlicht, um den Menschenhassern der Clique keine Chance zur Flucht zu geben. Sicherlich wird die Wirtschaftskrise in die sich EU und Bundesdeutschland bewusst begeben haben, um für Not, Armut und Elend in der Bevölkerung zu sorgen, im kommenden Herbst einen nie erahnten Höhepunkt erreichen und dann, wenn in USA und Kanada die Lügenregime zusammenbrechen, wird es auch bei uns „im alten Europa“ massive Umwälzungen geben. Am Ende erleben wir dann den Anfang des Goldenen Zeitalters, wie es sich Alfred Herrhausen, Hermann Josef Abs und die anderen großen Bankiers zu ihrer Zeit gewünscht hatten und doch irgendwie den Weg dafür bereits ebnen konnten!
Achim Kurth, im September 2022
Nachfolgend die für den 4. Dezember 1989 geplante Rede Herrhausens in New York
Leider ohne die entscheidenden 11 Seiten, deren Veröffentlichung auch hier noch immer hoch brisant wäre!
(Abschrift / Übersetzung aus NYT / https://www.nytimes.com/1990/01/07/business/business-forum-european-crossroads-toward-a-unified-germany.html):
BUSINESS FORUM: EUROPEAN CROSSROADS: Toward a Unified Germany. By Alfred Herrhausen
Alfred Herrhausen, chairman of the Deutsche Bank, West Germany's largest bank, was assassinated on Nov. 30, 1989. Once an adviser to West German Chancellor Helmut Kohl and an advocate of closer links between the countries of Western and Eastern Europe, Mr. Herrhausen had been scheduled to give the third annual Arthur F. Burns Memorial Lecture at the American Council on Germany in New York on Dec. 4, 1989, honoring the former chairman of the Federal Reserve Board and diplomat. What follows are excerpts from Mr. Herrhausen's prepared remarks. …
WIRTSCHAFTSFORUM: EUROPÄISCHER KREUZUNGSPUNKT: Auf dem Weg zu einem vereinten Deutschland. Von Alfred Herrhausen
Alfred Herrhausen, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, der größten Bank Westdeutschlands, wurde am 30. November 1989 ermordet. Herrhausen, einst Berater des westdeutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl und Verfechter engerer Beziehungen zwischen den Ländern West- und Osteuropas, sollte am 4. Dezember 1989 beim American Council on Germany in New York die dritte jährliche Arthur F. Burns Memorial Lecture halten, die den ehemaligen Vorsitzenden des Federal Reserve Board und Diplomaten ehrt. Es folgen Auszüge aus den vorbereiteten Ausführungen von Herrn Herrhausen.
Die Öffnung der Mauer hat die Frage der deutschen Wiedervereinigung aufgeworfen. Vorzugsweise sollten wir über "Vereinigung" sprechen. Meiner Meinung nach ist ein einziger, vereinter deutscher Staat eindeutig wünschenswert, nicht wegen der Anziehungskraft der schieren Größe oder irgendeiner Macht, die diese Größe verleihen könnte, sondern weil es - historisch, kulturell und menschlich - ein natürliches Bestreben ist. Wir in Westdeutschland sind sehr dankbar, dass die Bush-Administration und das amerikanische Volk Verständnis für diese Ansicht haben.
In einigen Kreisen des Westens gibt es die Befürchtung, dass ein vereintes Deutschland aus der Nordatlantikpakt-Organisation austreten und Neutralität annehmen könnte, um eine Wiedervereinigung zu erreichen. Es wird von einigen Beobachtern darauf hingewiesen, dass dies jetzt alles sein könnte, was Michael S. Gorbatschow hoffen kann, vor den gegenwärtigen politischen Umwälzungen in Osteuropa zu retten. Meiner Meinung nach wäre eine solche Forderung dennoch schlecht beraten. Niemand, nicht einmal die Sowjets, kann daran interessiert sein, ein großes Land mit fast 80 Millionen Menschen mitten in Europa isoliert zu haben, das sich unbehaglich zwischen Ost und West bewegt. Was meine Landsleute betrifft, so bin ich überzeugt, dass sie angesichts dieser Art von Wahl sagen würden: "Nein, danke." Es wäre sicherlich unlogisch, wenn wir unsere Verbindungen zur westlichen Gemeinschaft genau zu einem Zeitpunkt lockern würden, an dem unsere Nachbarn in Osteuropa für die westlichen Vorstellungen von Demokratie und marktorientierten Systemen empfänglich werden.
Es ist nicht verfrüht, die Möglichkeiten und Folgen der deutschen Einheit zu analysieren. Zwei Dinge sollten jedoch klar im Hinterkopf behalten werden.
Erstens liegt es an den Menschen - dem ostdeutschen Volk - zu entscheiden, wo sie hingehören. Dass Ostdeutschland Freiheit und Selbstbestimmung erhält, ist wichtiger als ein vereintes Deutschland. Wenn später auf die Erlangung der Freiheit eine Entscheidung ihrerseits folgen sollte, ein engeres Verhältnis zum Westen oder gar eine Einheit zu haben, wäre das in Westdeutschland zu begrüßen.
Zweitens wäre ein solches Unterfangen angesichts der großen wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede, die heute bestehen, ein schwieriger und sicherlich langer Prozess. Während Ostdeutschland in Osteuropa den höchsten Lebensstandard aufweist, ist die Kluft zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland beträchtlich. Jetzt, da der Reiseverkehr zwischen den beiden Teilen Deutschlands uneingeschränkt ist, wird Ostdeutschland sein Möglichstes tun müssen, um die wirtschaftliche Stagnation zu überwinden, die Effizienz zu steigern, den Lebensstandard seiner Bürger zu verbessern und Umweltfragen viel ernster zu nehmen, um als Wohnort für seine Bürger attraktiv zu bleiben.
Wie könnte das angegangen werden? Es ist klar, dass das gegenwärtige starre und bürokratische Planungssystem versagt hat. Die Wirtschaft wurde sicherlich schlecht gemanagt, aber das System kann wahrscheinlich zumindest in begrenztem Maße verbessert werden. Beispielsweise könnten die Preise die Produktionskosten stärker widerspiegeln; Die Planung könnte weniger starr sein und mehr Flexibilität für die großen Konzerne ermöglichen; Außenhandels- und Devisenregeln könnten flexibler werden. Das ist offensichtlich das, was Hans Modrow, der neue Ministerpräsident, im Sinn hat, wenn er die Formel "Keine Planung ohne Markt, aber keine Marktwirtschaft anstelle eines Planungssystems" verwendet.
Während wirtschaftliche Verbesserungen innerhalb des Systems möglich erscheinen, bezweifle ich, dass sie ausreichen werden, um den großen Sprung nach vorne zu ermöglichen, der notwendig ist. Meiner Meinung nach kann dies nicht ohne grundlegende Reformen erreicht werden. Ein Modell, das von einigen Leuten sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland vorgeschlagen wurde, ist der sogenannte "dritte Weg", der Marktpreise mit Sozialismus verbindet. Sozialismus wird als öffentliches Eigentum an den Produktionsmitteln verstanden.
Meiner Ansicht nach ist diese Idee reine Illusion. Sie können entweder eine Koordinationsmethode haben - zentrale Planung oder freien Wettbewerb mit Preisbewegungen, die Signale an unabhängige Unternehmer vermitteln. Und damit der Preismechanismus effektiv funktioniert, braucht man Privateigentum mit der Bereitschaft, Risiko und Verantwortung zu übernehmen. Jede unheilige Union wie ein sozialistisches Marktsystem, das auf dem Wettbewerb von Unternehmen in öffentlichem Eigentum basiert, ist zum Scheitern verurteilt.
Was Ostdeutschland braucht, ist eine Kombination aus drei Reformen: Preisreform, Währungsreform und eine Reform des Eigentums, nämlich die Wiedereinführung privater Eigentumsrechte in den wichtigsten Teilen der Wirtschaft. Westdeutschland hatte es 1948 leichter. Dann brauchten wir nur zwei Maßnahmen, nämlich die von den Alliierten eingeführte Währungsreform und Ludwig Erhards Aufhebung der Preiskontrollen, um den Weg zu dem zu ebnen, was als deutsches "Wirtschaftswunder" bekannt wurde. Eine Reform der Eigentumsverhältnisse war nicht notwendig. Es muß also eingeräumt werden, daß die Aufgabe, vor der Ostdeutschland jetzt steht, durch einen zusätzlichen, gewichtigen Faktor verstärkt wird.
Die Immobilienreform wird wahrscheinlich die schwierigste der drei grundlegenden Veränderungen sein. Es gibt kaum historische Präzedenzfälle für eine solche Übung. Wie sollte man sich einem solchen Thema nähern? Meiner Ansicht nach gibt es zwei Hauptstrategien, die kombiniert werden müssen.
Die erste besteht darin, privaten Unternehmen zu erlauben, Einrichtungen ohne Erlaubnis oder Behinderung einzurichten. Private Unternehmen könnten in bisher vernachlässigten Sektoren wie Dienstleistungen und neue Technologien schnell expandieren.
Sie könnten auch die Lücken füllen, wenn sich staatliche Konzerne aus den Aktivitäten zurückziehen. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass er sofort durchgeführt werden könnte.
Der zweite Weg wäre die umfassende Privatisierung staatlicher Unternehmen. Technisch gesehen wäre der einfachste Weg, große Konzerne in öffentliche Körperschaften umzuwandeln und ihre Aktien privaten Investoren anzubieten. Arbeitnehmer könnten bevorzugt behandelt werden. Vielleicht könnten auch Management-Buyouts genutzt werden. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass es sehr schwierig ist, zu versuchen, eine Gesellschaft, die seit 40 Jahren unter einem gründlichen Sozialismus lebt, in eine profitorientierte Gesellschaft zu verwandeln.
Als Folge der Veränderungen im Osten steht auch die Bundesrepublik selbst vor einer Reihe von Problemen, insbesondere mit der Integration des großen Zustroms von Menschen aus Ostdeutschland und von ethnischen Deutschen aus Russland, Polen und anderen Teilen Osteuropas. Schätzungen zufolge werden in den Jahren 1988 und 1989 850.000 Deutsche aus dem Osten in die Bundesrepublik gekommen sein. Das ist eine große Zahl, die fast 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung Ostdeutschlands entspricht. Es muss anerkannt werden, dass ein solcher Zustrom in einigen Kreisen Besorgnis ausgelöst hat, insbesondere bei denjenigen, die auf der Suche nach Arbeit oder Wohnraum sind und befürchten, dass die Neuankömmlinge ihre Chancen verringern werden. Solche Einstellungen sind bis zu einem gewissen Grad verständlich, aber dennoch sind sie ungerechtfertigt pessimistisch.
Nun, wie sollten westliche Länder, einschließlich Westdeutschland, auf den Wandel in Osteuropa reagieren? Meiner Meinung nach sollte es einen Konsens geben, dass der Erfolg der Perestroika auch im Interesse des Westens liegt. Es wird die Erde zu einem friedlicheren Planeten machen. Es wird Ressourcen von der Bewaffnung für nützlichere und pazifischere Zwecke freisetzen.
Deshalb sollte der Westen den östlichen Reformprozess unterstützen. Die Investition wird sich lohnen. Ich benutze das Wort "Investition", weil jede Hilfe von der Leitidee des Marshallplans inspiriert sein sollte, der darin bestand, die Initiative der Empfängerländer anzuregen, um diese Länder in die Lage zu versetzen, Wachstum "aus eigener Kraft" und zu gegebener Zeit zu erzielen.
Für den amerikanischen politischen Planer Francis Fukuyama war die Art der Ereignisse im Jahr 1989 so auffällig, dass er öffentlich erklärte, dass das "Ende der Geschichte" erreicht sei. Er begründete diese verblüffende Behauptung mit seiner Wahrnehmung, dass der Kommunismus das Ende des Weges erreicht habe und dass das Modell der offenen Gesellschaft und der auf Privateigentum basierenden Marktsysteme gekämpft und einen endgültigen Sieg errungen habe. Es gibt Gründe, die Dinge so zu sehen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Sozialismus in seiner konkreten historischen Form mit seiner bürokratischen Zentralplanung und umfassenden staatlichen Kontrolle über alle Teile der Gesellschaft und der Wirtschaft abdanken muss.
Doch der Kampf für offene Gesellschaften ist noch nicht vorbei. Zum einen können wir nicht sicher sein, dass es im Osten keine orthodoxe "Konterrevolution" geben wird. Zweitens ist die intellektuelle Faszination eines Pseudomarktsystems, das auf öffentlichem Eigentum basiert, für viele Menschen immer noch groß, und die Abneigung gegen den Kapitalismus bleibt vielerorts intensiv, insbesondere unter Intellektuellen. Daher wird der Wettbewerb zwischen den Wirtschaftssystemen wahrscheinlich weitergehen, hoffentlich auf einer weniger "ideologischen" Ebene. Drittens ist das Marktsystem im Westen selbst keineswegs für immer garantiert. Es gibt eine ständige Tendenz, sich einer interventionistischen Politik hinzugeben, eine Nivellierungspolitik zu verfolgen, die Anstrengung und Initiative bestraft, damit der Staat in den Bereich des privaten Sektors eingreift. In den 1980er Jahren hat die angebotsseitige Politik in Form von Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung in Verbindung mit Steuersenkungen und Preisstabilisierung die westlichen Volkswirtschaften verjüngt. Aber wir sollten uns bewusst bleiben, dass dies eine Aufgabe ist, die nie abgeschlossen wird.
Freiheit und die damit verbundene Offenheit passieren nicht einfach. Die Menschheit muss dafür kämpfen - immer und immer wieder. Die Solidarność-Mitglieder in Danzig, die Bürger von Budapest und Prag und die friedlichen Demonstranten auf den Straßen Leipzigs haben dank des Mutes und der Entschlossenheit, die aus einem übergeordneten Wunsch nach Freiheit und Wohlergehen resultieren, einen Sieg gegen gewaltige Widrigkeiten errungen. Es war derselbe Wunsch, der Generationen von Europäern vor ihnen in die Neue Welt trieb, in dem legitimen "Streben nach Glück", einem grundlegenden Menschenrecht, das in keinem geringeren Dokument als der Unabhängigkeitserklärung ausdrücklich erwähnt wird. Hoffen wir, dass ihre Bemühungen um den Aufbau funktionierender Demokratien schließlich von Erfolg gekrönt sein werden, und lassen Sie uns zu diesem Erfolg beitragen.
Die Geschichte ist also noch nicht zu Ende. Im Gegenteil, ich glaube, dass wir gerade jetzt auf dem Herd einer sehr bedeutenden Phase der Menschheitsgeschichte stehen. Riesige Militärpakte stehen sich immer noch gegenüber, und wir denken weiterhin in den Kategorien nationaler Egoismen, verteidigen "Interessensphären", betreiben Spionage und investieren unzählige Milliarden in Rüstung.
Aber ist es trotz dieses düsteren Szenarios wirklich so eine Illusion zu vermuten, dass die moderne Geschichte, unsere Geschichte, wahrscheinlich eine neue Vision braucht? Ist es eine Illusion zu glauben, dass ein völlig anderes Programm erforderlich ist, das nicht auf Konflikte und Bedrohungen ausgerichtet ist, sondern auf die Bekämpfung der wirklichen Probleme dieser Welt - Themen wie die Kluft zwischen Nord und Süd, die Schuldenkrise, Terrorismus und Kriminalität, die Geißel der Drogen, AIDS, Überbevölkerung und eine potenzielle ökologische Katastrophe? Dies sind die Themen, die wir mit einem neuen Sinn für Zweck und Hingabe angehen müssen.
Eine Version dieses Artikels erscheint in gedruckter Form am 7. Januar 1990, Abschnitt 3, Seite 2 der nationalen Ausgabe mit der Überschrift: BUSINESS FORUM: EUROPEAN CROSSROADS: Auf dem Weg zu einem vereinten Deutschland.
(Ende aus NYT)
Wer war Hermann Josef Abs? - Der wichtigste Bankier und Wegbereiter bis in unsere Zeit!
Hermann Josef Abs wurde am 15. Oktober 1901 in Bonn geboren. Er verstarb am 5. Februar 1994 in Bad Soden am Taunus. Er verließ die Schule im Rheinland kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Inmitten des wirtschaftlichen und finanziellen Chaos, das auf die Niederlage Deutschlands folgte, begann er kein Studium, sondern direkt mit dem Bankgeschäft, wo er seine erste Lehre bei der Louis-David-Bank in Bonn, dann als Devisenhändler in Amsterdam absolvierte. In den späten 1920er Jahren rückte er schnell zur Privatbank Delbrück Schickler & Co. Berlin auf. Im Alter von 33 Jahren war Abs Partner bei Delbrück Schickler & Co. und vor seinem 37. Geburtstag 1938 war er bereits im Vorstand der Deutschen Bank AG und wurde Leiter des internationalen Geschäfts.
Ohne die Reichsregierung zu kritisieren, konnte er sich diskret eine gewisse Distanz zum früheren protestantischen Preußentum des Kaiserreichs, als auch der nationalsozialistischen Neuordnung verschaffen. Obwohl Abs eine Zeit lang als Schützling des Reichsbank-Präsidenten und Wirtschaftsminister Dr. Hjalmar Schacht gesehen wurde, konnte er sich aber nach Schachts Absetzung (Januar 1939) inzwischen selbst behaupten und baute seinen eigenen Einfluss als Direktor von nicht weniger als 45 Unternehmen während der Kriegsjahre weiter aus, darunter die IG Farben, der riesige Chemie- und Pharmakonzern. Abs' Rolle bei der Deutschen Bank und bei IG Farben war der Hauptgrund für Kontroversen und Falschbehauptungen, die ihn nach 1945 verfolgten.
Ab Mai 1945 blieb H. J. Abs vorsichtig außer Sichtweite, sicher versteckt in Hamburg im Haus eines Freundes. Doch als die Briten ihn schließlich aufspürten, sollten / wollten sie ihn nicht verhaften – obwohl sein Name (aus alphabetischen Gründen) ganz oben auf einer Liste der gesuchten „Kriegsverbrecher" stand. Stattdessen wollten ihn die Briten rekrutieren, um beim Wiederaufbau des Deutschen Nachkriegsbankensystems zu helfen! Dazu mussten die Briten Abs vor ihren rachsüchtigen Verbündeten, insbesondere aus USA, schützen. Auch im Hamburger Gefängnis Altona und später in der berüchtigten Justizvollzugsanstalt Bad Nenndorf in der ersten Hälfte des Jahres 1946, wurde Abs nicht eingesperrt, um ihn in irgendeiner Weise zu misshandeln, sondern um ihn von den US-Amerikanern fernzuhalten (Schutzhaft!).
Abs war dann nicht nur maßgeblich an der Gründung der D-Mark im Jahr 1948 beteiligt, indem er Westdeutschland eine stabile Währung gab, er wurde auch einer der führenden Verfechter des gemeinsamen Marktes und später der Europäischen Union und war einer der wichtigsten Unterstützer des pro-europäischen Bundeskanzlers Konrad Adenauer.
Wer war damals der Hauptförderer von Hermann Josef Abs? Wer hat tatsächlich die britischen Besatzer aufgefordert Abs zum Wiederaufbau zu rekrutieren?
Es war maßgeblich Robert Mendelssohn, der da aus dem Hintergrund heraus wirkte und zu Abs Rehabilitierung beitrug. Dieser Mendelssohn war Partner der traditionsreichen Bank Mendelssohn & Co. Wenn man die Berichte von Tom Bower, Adam Lebor und Michael Pinto-Duschinsky liest, könnte man annehmen, dass die Familie Mendelssohn im Deutschen Reich eher Opfer von Verfolgung und Missgunst war und deshalb auch Robert Mendelssohn die Strafverfolgung von Abs und anderen befürwortet hätte.
Doch weit gefehlt. Mendelssohn bestand darauf, dass Abs der Mann sei, den die Briten sofort in einer Schlüsselrolle beim Wiederaufbau des Nachkriegsdeutschlands einsetzen sollten.
Wer war dieser Robi Mendelssohn? Warum war er in der Lage, den britischen Behörden Ratschläge zu erteilen? Und warum ist seine Rolle bis heute, mehr als 77 Jahre nach dem Krieg, geheim geblieben? War Robert Mendelssohn nicht nur Bankier, sondern auch ein britischer Spion im Zentrum der Wirtschaft des Deutschen Reiches?
Robert von Mendelssohn (bekannt bei Freunden, Familie und MI6/MI5-Offizieren als Robi) wurde 1902 in einer Villa im Grunewald in Berlin geboren. Die Villa, die einer Palastresidenz ähnlich war, lies sein Vater Franz, Inhaber der Privatbank Mendelssohn & Co., zum Familiensitz ausbauen, nachdem 1888 Kaiser Wilhelm II. der Familie Residenz und Grundstück in Anerkennung ihrer Bedeutung für die Reichswirtschaft übereignet hatte.
Die Mendelssohn-Bank wurde bereits 1795 von Joseph Mendelssohn, dem ältesten Sohn des Philosophen Moses Mendelssohn, gegründet und bis in die 1920er Jahre waren alle Partner (einschließlich des Vaters Abraham) Familienmitglieder. Das Unternehmen spezialisierte sich auf Staatsschulden und den Überseehandel. Franz von Mendelssohn starb im Juni 1935 im Alter von 69 Jahren. Sein zu dieser Zeit 33-jähriger Sohn Robert war nun im Prinzip Familienoberhaupt und bereits Partner in der Bank, galt aber eher als „Lebemann“ (heute würde man sagen „Beruf Sohn“): Seine Rolle war es, VIPs in Berliner Theatern und im Nachtleben zu amüsieren. So gab es innerhalb der Familie immer kleine Reibereien um seine Rolle. Nicht nur Franz, auch sein Cousin Paul von Mendelssohn-Bartholdy, Mitgesellschafter der Bank, starb 1935. Bei der anschließenden Familienumbildung wurde Franz' Witwe Marie als „geschäftsführende Gesellschafterin" registriert, Pauls Witwe Elsa nicht. In der Zwischenzeit zementierte Robi seine Referenzen bei der Reichsregierung, indem er sich 1936 freiwillig für eine viermonatige Grundausbildung bei der Wehrmacht meldete und 1938 heiratete er die Architektin Liselotte von Bonin. In jenem Sommer begann für die Mendelssohn-Bank das Ende ihrer fast 150-jährigen Geschichte. Die von der Reichsregierung favorisierte Lösung bestand darin, dass man die Aktien der Bank, die das Reich bis dahin hielt, an Robi übertrug. Ein weiteres Problem dabei war, dass die Bank rund 27 Millionen Reichsmark in „Kreditlinien" für den Überseehandel hielt, die während der großen Finanzkrise 1931 eingefroren wurden und im Rahmen eines 1931 ausgehandelten „Stillhalteabkommens" jährlich immer neu verhandelt wurden. Hermann Josef Abs war einer der wichtigsten deutschen Unterhändler. Grundsätzlich seien die Eigentümer der Bank verantwortlich und ausländische Gläubiger hätten die sofortige Zahlung in Fremdwährung verlangen können, was die Beschlagnahme von Vermögenswerten bedeutet hätte. Mit der Übernahme der Mendelssohnbank würde jede andere Bank den Mendelssohn Partnern einen Gefallen tun, da diese dann davon befreit werden würde, ihr ausländisches Vermögen beschlagnahmen zu lassen. Ein weiteres Problem während der Übernahme war, dass die Mitarbeiter der Bank besorgt waren, dass die Geschäftsinhaber und Partner zwar ein gutes Geschäft bekämen, während die Mitarbeiter selbst mit Lohnkürzungen, Entlassungen oder Streichung von Beträgen für ihre Renten rechnen mussten. 1938 wurde dann klar, dass die bevorzugte Lösung darin bestand, dass die Deutsche Bank Mendelssohns übernimmt, und Abs die Verhandlungen dazu für die Deutsche Bank führt und die Übernahme entsprechend abwickelt. Zu den Vorwürfen, die man Hermann Josef Abs später dann machte, gehörte die Übernahme von Mendelssohn & Co., der bis dahin größten Privatbank Deutschlands, durch die Deutsche Bank im Jahr 1940. Das Mendelssohn & Co aber durch die Übernahme vor größerem Schaden bewahrt, wurde blenden die Unwissenden heute gerne aus, wenn es darum geht das Ansehen von Hermann Josef Abs zu beschmutzen.
Wie bereits erwähnt, war die Lage der Mendelssohn-Bank in Deutschland vor allem aufgrund ihrer internationalen Schuldverpflichtungen wesentlich komplizierter. Von 1938 bis 1943 firmierte sie als „Mendelssohn in Liquidation", wobei Robi der wichtigste Familienpartner war – bis 1942 der einzige Partner – und 1943 war die Liquidation fast abgeschlossen, wobei die Deutsche Bank fast alle Ihre Vermögenswerte aufnahm und die Verbindlichkeiten erfüllte. Außerdem erhielten mehrere Mendelssohn-Familienmitglieder einen finanziellen Ausgleich für den Wert ihrer Beteiligungen an der liquidierten Bank und sehr wichtig, dass sie von ihren Verpflichtungen in Bezug auf ihre Schulden befreit wurden. Dazu gehörte auch Robis Schwager Paul Kempner, ein ehemaliger Partner der Bank, der 1939 in die USA emigrierte. Kempner arbeitete dann nach 1945 als Schatzmeister eines Vereins, der sich um die Unterstützung von Überlebenden und Angehörigen des Putschversuches vom 20. Juli kümmerte. Im Gegensatz zu seinem Schwager Paul Kempner, war Robi jedoch nicht übermäßig an Politik interessiert. Den größten Teil des Jahrzehnts zwischen dem Tod seines Vaters und dem Kriegsende spielte Robi Mendelssohn daher weiterhin eine wichtige Rolle in der größten Privatbank Deutschlands, insbesondere im internationalen Handel (natürlich nach 1939 auf neutrale und deutsch-verbündete Länder beschränkt). Die Reichsregierung war damals der Meinung, dass man Robi Mendelssohn vertrauen konnte. Doch sie lagen falsch. Mendelssohn arbeitete als Kurier der Westalliierten im Auftrag von Georg Hansen, einem Militärgeheimdienstoffizier der Deutschen Abwehr, der später ebenfalls am Mord und Putschversuch vom 20. Juli 1944 beteiligt war.
Im Sommer 1943 berichtete der leitende MI6-Offizier John Cordeaux dem Auswärtigen Amt in London, dass Mendelssohn während einer Reise nach Stockholm Kontakt mit dem MI6-Vertreter Harry Carr aufgenommen habe. Carr war ein erfahrener MI6-Offizier, der kurz nach der bolschewistischen Revolution erstmals für den britischen Geheimdienst in Russland arbeitete. Von 1928 bis 1941 leitete er die wichtige MI6-Station in Helsinki, die sich hauptsächlich auf antisowjetische Operationen konzentrierte und zog dann nach Schweden, nachdem Finnland 1941 der deutschen Seite beigetreten war. Dieser sensationelle Kontakt von einer hochrangigen Berliner Quelle musste auf höchster Ebene innerhalb des MI6 und des Auswärtigen Amtes in London behandelt werden. Nach diesem ersten Kontakt mit dem MI6 unternahm Mendelssohn in der zweiten Hälfte des Jahres 1943 zwei weitere Besuche in Stockholm und 1944 einen weiteren Besuch, jeweils bei einem Treffen mit MI6 und mit einem namenlosen amerikanischen Diplomaten (wahrscheinlich OSS-Offizier Francis Cunningham). Er scheint teilweise als Vermittler im Auftrag des deutschen Militärgeheimdienstoffiziers Georg Hansen gehandelt zu haben, die rechte Hand des Reichsabwehrchefs Admiral Wilhelm Canaris.
1944 wurde Hansen stellvertretender Leiter des RSHA (Reichssicherheitshauptamt), wo er mit den Anti-Hitler-Verschwörern zusammenarbeitete, die versuchten, den Führer im gescheiterten Stauffenberg-Bombenkomplott vom 20. Juli 1944 zu ermorden. Hansen wurde am 22. Juli verhaftet, verurteilt und am 8. September 1944 gehängt.
Ein weiterer einflussreicher Mitarbeiter Mendelssohns war der Rechtsanwalt Carl Langbehn, der von Historikern in gewisser Weise als Vertrauter Heinrich Himmlers angesehen wird. Langbehn war ein halbes Jahr zuvor Mendelssohn nach Stockholm gefolgt, um sich mit Bruce Hopper (einem Harvard-Professor für Politikwissenschaft, der für OSS (Office of Strategic Services / von 1942 bis 1945 ein Nachrichtendienst der USA) arbeitete) zu treffen, und reiste dann im September 1943 in die Schweiz. In Bern – nur wenige Wochen nach Mendelssohns erster Stockholmer Mission – diskutierte Langbehn mit dem künftigen CIA-Chef Allen Dulles und seinem OSS-Kollegen Gero von Gaevernitz über Friedensvorschläge für das Deutsche Reich, sofern der zum 20. Juli 1944 geplante Putschversuch gelingen würde. Es ist bis heute nicht klar, wieviel Himmler über diese Friedensfühler wusste und inwieweit er bereit gewesen wäre, notfalls gegen Hitler zu handeln, um einen separaten Frieden mit den westlichen Alliierten zu sichern – oder inwieweit Himmler und Hitler vielleicht die ganze Zeit doch zusammenarbeiteten, um diese Friedensfühler beobachten zu können bleibt zunächst noch eines der ungelösten Geheimnisse dieser Zeit. Auch Langbehn wurde dann nach erfolgreicher Niederschlagung des Putschversuches im Herbst 1944 verhaftet und hingerichtet.
Diese Ereignisse um Hansen und Langbehn sind Historikern längst bekannt, auch wenn über die Langbehn-Himmler-Geschichte noch einiges gerätselt wird, ist aber bisher nichts über Robi Mendelssohns Verräterrolle geschrieben worden, der all diese Verratsverhaftungen und Prozesse völlig unbeschadet überstanden hat. Besonders interessant ist, dass Mendelssohn Ende Oktober 1946 nach London kam, um dem MI5 seine Version der Hansen- und Langbehn-Geschichten zu erzählen. Mendelssohn wusste zum Beispiel bereits, dass Langbehns Verhaftung auf das Abfangen eines alliierten Telegramms zurückzuführen war. Mendelssohn hatte offenbar noch hochrangige Berliner Kontakte, zumindest bis Mitte 1944. Höchstwahrscheinlich beschloss Mendelssohn nach dem Scheitern des Bombenanschlags vom 20.Juli 1944, sich zurückzuziehen und sich aus der Politik herauszuhalten. Infolgedessen wurde er von der Gestapo nie persönlich behelligt, obwohl seine Frau, die ihre eigenen Kontakte in Berliner Künstlerkreisen hatte, bei Ermittlungen zur Verschwörung zum Bombenanschlag am 20.Juli kurzzeitig festgenommen wurde.
All dies geht aus den Tagebüchern des MI5-Vize-Generaldirektor Guy Liddell hervor. Diese in Kombination mit Dokumenten des Londoner Auswärtigen Amtes liefern die Beweise, die Robi Mendelssohn als britischen Agenten identifizieren.
Ein Eintrag im Oktober 1946 im Tagebuch von Guy Liddell, dem stellvertretenden Generaldirektor des MI5, enthüllt, dass es Robi Mendelssohn war, der darauf drängte, Abs eine Schlüsselrolle in der deutschen Nachkriegs-Wirtschaft zu übertragen.
„Robi“, schrieb Liddell, „hat einige konstruktive Vorschläge zu machen. Er hält es für hoffnungslos, eine Einigung mit den Russen zu erwarten, um ganz Deutschland als wirtschaftliche Einheit zu führen. Das Einzige, was wir tun müssen, ist, den „Eisernen Vorhang" zu akzeptieren und zu versuchen, den Westen auf eine solide wirtschaftliche Grundlage zu stellen – dazu ist es notwendig, sich mit Experten in allen Bereichen zu beraten, d. h. Banken, Industrie, Wirtschaft, Landwirtschaft usw.
Robi konnte geeignete Leute empfehlen und sie könnten, wenn nötig, hier rübergebracht werden. Mendelssohn hat dafür die Kontakte aus seiner Bankzeit, um geeignete Kandidaten zu finden. Er glaubt, dass Deutschland und Europa allmählich in Kommunismus und Hunger versinken werden, wenn dies nicht geschieht.“
Liddell sprach mit Ned Reid (Sir Edward Reid, einem Mitglied der Baring-Bankenfamilie, der der Hauptexperte des MI5 für City-Angelegenheiten war) darüber, der mit Robis Ansichten einverstanden war und ihn mit Playfair bekannt machte, dem Finanzexperten im Büro der Control Commission in London. Dies war der zukünftige Sir Edward Playfair, ein Beamter des Finanzministeriums, der später Leiter des Verteidigungsministeriums wurde. Er erzählte Playfair von seinen Vorschlägen und erwähnte die Art von Leuten, die er im Sinn hatte. Einer davon war, Hermann Josef Abs, der auch für die Reichsbank tätig war und das internationale Bankgeschäft wie kein anderer zu diesem Zeitpunkt kannte. Playfair war der Ansicht, dass es unmöglich sein würde, einen Mann zu rekrutieren, der während des Krieges in einer Institution gedient hatte, die der Reichsregierung unterstellt war. Robi Mendelssohn sagte, wenn diese Haltung beibehalten würde, wäre es wirklich unmöglich, irgendetwas zu tun. Es war seiner Ansicht nach nicht zielführend irgend einen alten Finanzier anzusprechen, der die letzten fünfzehn Jahre nicht mehr im Geschäft war. Es scheint, dass die Briten (und eher widerwillig auch die US-Amerikaner) auf Mendelssohns Veranlassung tatsächlich „zur Vernunft kamen". Die Amis (in einem Kater aus dem Morgenthau-Plan) hatten sich gewünscht, dass die einzelnen deutschen Besatzungsgebiete (Trizone im Westen Deutschlands) getrennte Währungen erhalten. Tatsächlich wurde die US-Besatzungspolitik bis Juli 1947 von einer Richtlinie der Joint Chiefs of Staff regiert, die ihren Behörden untersagte, „Schritte zur Stärkung der deutschen Finanzstruktur zu unternehmen".
Im Gegensatz dazu schlug Abs (mit britischer Unterstützung) erfolgreich vor, dass es eine gemeinsame Deutsche Währung geben sollte – die Deutsche Mark, die am 20. Juni 1948 in den drei westlichen Zonen Deutschlands (britisch, US-amerikanisch und französisch) eingeführt wurde. Der sowjetische Widerstand gegen diese neue Währung führte zur Berliner Blockade von Juni 1948 bis Mai 1949, der durch eine Luftbrücke der West-Alliierten für Warenlieferungen begegnet wurde, nachdem man darauf bestanden hatten, dass die neue Währung auch in West-Berlin verwendet werden soll.
Die Einführung der D-Mark war eine Vorstellung von Hermann Josef Abs, der noch immer für Deutschland handelte, die Nachkriegswelt zu gestalten. Was man durchaus als Anti-Morgenthau-Plan bezeichnen kann. Statt die deutsche Wirtschaft dauerhaft zu schädigen, gar zu zerstören, sollten die westlichen Verbündeten Schritte unternehmen, um die Bundesrepublik aufzubauen. Abs' weiterer wichtiger Beitrag zu diesem Plan war seine erfolgreiche Neuverhandlung deutscher Schulden, einschließlich Vorkriegsschulden und Reparationen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Das Londoner Schuldenabkommen wurde im Februar 1953 unterzeichnet, wobei Abs die deutsche Seite anführte. In der Bundesrepublik Deutschland wurde Abs zum führenden Beamten der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die 1948 gegründet wurde, um 20 Milliarden Mark an „Marshall-Hilfe" für den Wiederaufbau koordiniert zu verteilen. Hermann Josef Abs hat seine Chance für Deutschland weiter etwas zu bewegen erkannt und sie genutzt. Deutschland würde mit Sicherheit heute ein anderes sein, wenn er nicht den Weg für die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland vorgezeichnet und geebnet hätte.
Was Abs bei der Erzielung „seiner“ Nachkriegsregelung, unterstützt durch Konrad Adenauer, nicht ahnte, war, dass erst 1990 eine (sogenannte) Wiedervereinigung durch die Alliierten erlaubt wurde und dann die Drahtzieher einer kleinen, internationalen Clique plötzlich wieder andere Pläne, negative (!), für Deutschland hatten.
Und Robert Mendelssohn hat er Hermann Josef Abs vielleicht aus Dankbarkeit vorgeschlagen? Dankbarkeit dafür, dass Abs seinerzeit die Mendelssohn-Bank so human abwickelte? Oder hat der einstige Spion Gewissensbisse und wollte für Deutschland einiges wiedergutmachen? Oder wurde er durch einen Dritten (3M8) gedrängt sich für Hermann Josef Abs einzusetzen?
Wir werden dies vorerst nicht erfahren, da die entsprechenden britischen Dokumente unter Verschluss gehalten werden und Robert Mendelssohn nicht mehr gefragt werden kann. Robert Mendelssohn starb im Juli 1996 im Alter von 94 Jahren in der „Künstlerkolonie" Worpswede in Niedersachsen. Sein Grab ist auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof in Berlin-Kreuzberg. Wenige Jahre zuvor hatte er sich nach dem Fall der Mauer und der „Wiedervereinigung“ die Rückgabe eines Großteils des „Familienkapitals der Mendelssohns gesichert“.
Immer wieder haben Historiker die Abs-Geschichte aufgegriffen; aber jedes Mal haben sie den ehemaligen Privat-Bankier Robert Mendelssohn, den alliierten Spion im Herzen der Reichsregierung, ignoriert.
Was hat Mendelssohn den Alliierten vielleicht noch aus dem Deutschen Reich berichtet und angesichts seiner eigenen Vorfahren den Alliierten von anderen Ereignissen erzählt? Warum hatte Mendelssohn auch in der frühen Nachkriegszeit noch immer Möglichkeiten zur Einflussnahme? Wenn man bedenkt, dass die Westalliierten eine solche hochrangige Quelle hatten, warum herrscht dann noch immer Schweigen zu vielen Ereignissen im Deutschen Reich der Jahre 1933 bis 1945?
Sehen Sie zum Thema auch ein Video: https://www.bitchute.com/video/Pe1Iwdg5I4YF/
TK im September 2022 / Mai 2023
(Aus verschiedenen, frei zugänglichen Quellen und persönlichen Notizen des TK-Redakteurs, sowie aus den Aufzeichnungen der Redaktion bekannten Personen, die entsprechende, oben berichtete Dokumente persönlich kennen.)